ID Judo - Judo für Menschen mit einer geistigen Behinderung
Was ist ID-Judo?
ID-Judo ist für Mensch mit einer geistigen Behinderung. Der internationale Begriff „ID“ steht für „intellectual disability“. Judo für Geistig- und Lernbehinderte wird seit Beginn der 80er Jahre angeboten. Seit 2007 ist ID-Judo im offiziellen Wettbewerb bei den Special Olympics vertreten. Special Olympics ist die weltweit größte, vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) offiziell anerkannten Sportbewegung für Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung.
Bis 2018 wurde in Deutschland der Begriff G-Judo verwendet („Judo mit einem Handicap“/ „Gehandicapt Judo“).
Warum ist Judo gut für geistig Behinderte?
ID-Judo ist ein nahezu ideales Bewegungsangebot für Menschen mit einer geistigen Behinderung.
Es hat sich gezeigt, dass sich diese gerne raufen und auseinandersetzen. Durch dieses Raufen können sie aggressives Verhalten abbauen, ihr Selbstbewusstsein stärken und auch das Gruppenverhalten verbessern. Im Judosport werden genau jene Fähigkeiten und Fertigkeiten gefördert, die sich positiv auf das Alltagsleben und damit auf eine größere Selbstständigkeit auswirken.
Schritt für Schritt verlässt der ID-Athlet seine soziale Isolation, wirkt Benachteiligungen entgegen und gewinnt mehr und mehr an Eigenständigkeit.
Beim regelmäßigen Judotraining übt jeder Judoka fast die ganze Trainingszeit mit einem Partner. Während der Übungsstunden kommt es zu einem ständigen und engen Körperkontakt. Ohne Kooperationsbereitschaft des Partners, ohne Anpassung an dessen physische und psychische Stärken und Schwächen ist beim Judo kein Lernfortschritt zu erzielen. Also muss ein ID-Judoka in hohem Maße soziale Kompetenzen wie Kooperationsfähigkeit, Hilfsbereitschaft, Verantwortung, Rücksichtnahme, Entschlossenheit und Durchhaltevermögen ausbilden. Judo wirkt ganzheitlich auf den Menschen ein.
Was muss man beim ID-Judo beachten?
Judo für Menschen mit einer geistigen Behinderung verlangt einen spezifisch ausgebildeten, gut qualifizierten und erfahrenen Übungsleiter bzw. Trainer.
Übungsformen, kooperative Spiele und judospezifische Inhalte werden systematisch in ihren Anforderungen an die vorhandenen Fähigkeiten des ID-Judoka angepasst und individuell erweitert.
Judo-Anfängern werden zunächst nur Bodentechniken gezeigt, da sie im Stand oft Gleichgewichtsstörungen haben. Im Boden ist eine kämpferische Auseinandersetzung möglich, ohne dass eine besondere Verletzungsgefahr besteht. Im Stand dominieren bei geistig behinderten Judokas Beintechniken und Eindrehwürfe.
Vielen Menschen mit geistiger Behinderung kommt der eher reglementierte und teils ritualisierte Ablauf einer Judo-Übungsstunde sehr entgegen. Sie empfinden dies keinesfalls einengend, sondern hilfreich bei der Bewältigung vieler Probleme, die ihre Erkrankungen mit sich bringen, wie Konzentrationsschwächen, Wahrnehmungsstörungen usw.
ID-Judo als Wettkampfsport
Judo-Wettbewerbe für ID-Judoka gibt es in Deutschland seit Beginn der 90er Jahre.
Seit 2008 gibt es eine gültige Wettkampfordnung, die den aktuellen Gegebenheiten angepasst wird. Würge- und Hebeltechniken sind beim ID-Judo beispielsweise verboten. Herzstück der Wettkampfkonzeption ist das Aufteilen der Judoka nach allgemeiner motorischer Leistungsfähigkeit in drei Wettkampfklassen:
Wettkampfklasse 1 = motorische starke ID-Judoka
ID-Judoka, die auch mit nicht behinderten Judoka trainieren und Judo-Techniken gut umsetzen können. Das Verständnis der Sportart Judo und das Ziel des Wettbewerbes ist diesen Athleten einsichtig.
Wettkampfklasse 2 = motorische schwächere ID-Judoka
ID-Judoka, die Judo-Techniken eingeschränkt umsetzen können und in Behindertengruppen trainieren. Das Verständnis der Sportart Judo und das Ziel des Wettbewerbes ist diesen Athleten im Grundsatz bekannt.
Wettkampfklasse 3 = motorische sehr schwache ID-Judoka
ID-Judoka, die Judo mehr als Spielform ausüben. Das Verständnis der Sportart Judo und das Ziel des Wettbewerbes ist diesen Athleten in der Regel nur eingeschränkt verständlich.
Die Zuteilung zu den Wettkampfklassen wird vom zuständigen Trainer vorgeschlagen. Ein entwickelter Skill-Test, der notwendige Kompetenzen zukünftiger Wettkämpfer ermittelt, dient den Übungsleitern als Indikator zu Bestimmung der Wettkampfklasse.
Heute stehen ID-Judoka umfangreiche Wettkampfprogramme, von regionalen Turnieren über nationale Meisterschaften bis hin zu Europa- und Weltmeisterschaften, zur Verfügung.
Jüngstes Wettkampfangebot im Deutschen Judo-Bund ist eine inklusive Kata-Meisterschaft. Ein Judoka mit einer geistigen Behinderung demonstriert mit einem nicht behinderten Partner die vorgegebene Judo-Kata, die anschließend von der „Jury“ bewertet wird. Dabei ist der ID-Judoka der Aktive (Tori), der die Techniken mit seinem nicht behinderten Partner (Uke) demonstriert.
Weitere Informationen zu den Kampfregeln und der Sportordnung ID Judo gibt es hier.
Gürtelprüfungen für ID-Judoka
Für alle Judoka, die den Anforderungen einer allgemeinen Judo-Prüfung aufgrund ihrer Behinderung nicht genügen können, wurden spezielle Prüfungsordnungen für Kyu- und Dan-Grade entwickelt, die auf Art und Schwere der Behinderung Rücksicht nehmen. Die spezifischen Prüfungsordnungen des Deutschen Judo-Bundes für Judoka mit einer Behinderung ermöglichen so auch Sportlern mit einem Handicap hohe Judograde zu erwerben. Die Kyu-Prüfungsordnung für behinderte Judoka gibt es seit 2007. Im Jahr 2016 wurde die Dan-Prüfungsordnung für ID-Judoka beschlossen.
Weitere Informationen zu der Prüfungsordnung ID Judo gibt es hier.
Ausbildungsmöglichkeiten für ID-Judoka
ID-Judoka können an einer Trainer-Assistentenausbildung teilnehmen, ein Zertifikat erwerben und so eine qualifizierte Legitimation für ihren Einsatz als Hilfs-Trainer in einem Judo-Verein erhalten, die es ihnen ermöglicht aktiv an der Gestaltung des Trainings und des Vereinslebens teilzunehmen.
Ansprechpartnerin ID Judo beim DJB:
Cornelia Claßen - cornelia.classen(at)googlemail.com